Medizin

Tibetische Medizin – eine Übersicht

Geschichte

Blatt einer “Petscha”, einer tibetischen Textsammlung.
Blatt einer “Petscha”, einer tibetischen Textsammlung.

Die Tibetische Medizin (tibetisch: gso-pa rig-pa, frei übersetzt „das Wissen vom Heilen“) zählt zu den ältesten Medizinsystemen der Welt. Sie ist keine Volksmedizin, sondern eine Art traditionelle „Schulmedizin“ und wurde im 8. Jahrhundert aus den damals vorherrschenden Medizintraditionen Asiens und nach den Lehren Buddhas erschaffen und schriftlich festgehalten. In ihrer heutigen Form beruht die Tibetische Medizin auf dem im 12. Jahrhundert verfassten Grundlagenwerk Gyüshi (den sogenannten „Vier Tantras der Medizin“). Darin werden rund 1600 Krankheiten und tausende von Heilmitteln beschrieben.

Prinzipien der tibetischen Medizinlehre

Die Tibetische Medizin beruht auf einer ganzheitlichen Betrachtungsweise. Sie strebt das innere Gleichgewicht der Kräfte im Körper an. Den Ursachen von Krankheiten liegen nach tibetischer Medizinlehre die drei Geistesgifte Hass, Ignoranz und Gier zugrunde. Sie hängen unmittelbar mit den drei zentralen Körperenergien oder Körperprinzipien Galle (tibetisch: rLung), Schleim (tripa) und Wind (bekän) zusammen. Diese sind nicht mit unseren gleich lautenden Begriffen vergleichbar, sondern stehen für bestimmte energetische Zustände und Formen. Galle zeigt sich in der Form von Körperwärme, Schleim in der Form von Flüssigkeit und Wind als Bewegung. In einem gesunden Körper sind die Körperprinzipien im Gleichgewicht. Die drei Körperprinzipien manifestieren sich über die fünf Elemente Erde, Wasser, Luft, Feuer und Raum. Aus den verschiedenen Kombinationen dieser fünf Elemente ergeben sich unterschiedliche Geschmacksrichtungen.

Mittels einer Pulsdiagnose kann der Tibetische Arzt den Gesundheitszustand des Patienten beurteilen.
Mittels einer Pulsdiagnose kann der Tibetische Arzt den Gesundheitszustand des Patienten beurteilen.

Die tibetischen Arzneien wirken im Körper vornehmlich über die Geschmacksempfindung; der Geschmack ist Teil der Heilwirkung. Unterschieden werden sechs Geschmacksrichtungen (süss, sauer, salzig, bitter, scharf, herb). Deshalb haben zum Beispiel auch die teils in Europa erhältlichen tibetischen Teemischungen einen ausgeprägten Geschmack.

Diagnose und Therapie

Das System der traditionellen Tibetischen Medizin umfasst im wesentlichen ca. 700 Rezepturen, die meist aus einer Vielzahl (bis zu 100) vorwiegend pflanzlichen Inhaltsstoffen zusammengesetzt sind. Dazu gehört auch ein hoch entwickeltes, äusserst komplexes und präzises System der Pulsdiagnose. Für die Therapie spielen neben Arzneien auch Verhaltens- und Diätanweisungen eine wichtige Rolle. Weiter bekannt sind manuelle Methoden wie Massage, Akupunktur, Akupressur und Schröpfen.

Anwendung im Westen

Tibetische Arzneimittel sind Vielstoffgemische; sie bestehen aus einer Vielzahl verschiedener Naturstoffe
Tibetische Arzneimittel sind Vielstoffgemische; sie bestehen aus einer Vielzahl verschiedener Naturstoffe

Bei uns bekannt wurde die Tibetische Medizin vor allem durch den Dokumentarfilm „Das Wissen vom Heilen“ (1997) von Franz Reichle.
Er dokumentiert darin unter anderem die Herstellung und Anwendung tibetischer Heilmittel im Westen. Die Tibetische Medizin liefert einen wichtigen Beitrag zur Behandlung heutiger Zivilisationskrankheiten wie Durchblutungsstörungen und Arteriosklerose sowie weitere chronisch-entzündliche Erkrankungen. Auch bei Verdauungsstörungen und Reizdarm haben sich tibetische Arzneimittel bewährt.
Kennzeichen und gleichzeitig Stärke der tibetischen Kräuterpräparate sind Vielstoffgemische, das heisst, die Arzneimittel bestehen aus einer Vielzahl verschiedener Naturstoffe – dies im Gegensatz zu den bei uns üblichen Monopräparaten, die nur einzelne Bestandteile enthalten. Erst die Kombination verschiedener Bestandteile macht die Wirkung aus. Die vielfältige Zusammensetzung der tibetischen Heilmittel ermöglicht eine Wirkung auf mehreren Ebenen und reduziert gleichzeitig unerwünschte Nebenwirkungen. Die Dosierung der einzelnen Inhaltsstoffe ist zudem im Vergleich zu gewohnten Pflanzenheilmitteln sehr gering.

Weitere Informationen unter:

Forschung mit tibetischen Heilmitteln

Die Tibetische Medizin sieht sich heute als Ergänzung zur westlichen Medizin. S.H. der Dalai Lama plädiert ausdrücklich für einen Brückenschlag zwischen östlicher und westlicher Medizin sowie für die Erforschung der tibetischen Heilmittel nach modernen westlichen Massstäben.

Inhaltsstoffe des Arzneimittels gegen Magen-Darmstörungen (Padma Lax), u.a. Cascararinde, Langer Pfeffer, Myrobalanen, Ingwerwurzel, Enzianwurzel, Rhabarberwurzel
Inhaltsstoffe des Arzneimittels gegen Magen-Darmstörungen (Padma Lax), u.a. Cascararinde, Langer Pfeffer, Myrobalanen, Ingwerwurzel, Enzianwurzel, Rhabarberwurzel

Die Anerkennung der Tibetischen Medizin hängt nicht zuletzt von Erkenntnissen aus wissenschaftlichen Studien ab. Gerade in einer Zeit fortschreitender Forschungstätigkeit ist es von grösster Bedeutung, die Studien zur Tibetischen Medizin auch in der internationalen Fachwelt zu publizieren. In der weltweiten Forschung zur Tibetischen Medizin und in der Entwicklung neuer tibetischer Heilmittel nimmt die Schweiz eine wichtige Stellung ein. Hier werden durch die Firma Padma die europaweit einzigen tibetischen Arzneimittel nach westlichen Qualitätsstandards hergestellt. Um das Verständnis und die Akzeptanz der Tibetischen Medizin zu fördern, beteiligt sich Padma auch wesentlich an der weltweiten Erforschung tibetischer Arzneimittel. Gegenwärtig arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an Universitäten in der Schweiz, Österreich, Dänemark, Israel und anderen Ländern mit Padma-Rezepturen.
Durch klinische Studien belegt ist zum Beispiel die durchblutungsfördernde Wirkung des Kräuterpräparats Padma 28. Eindrücklich sind dessen Erfolge insbesondere bei sogenannten „peripheren arteriellen Verschlusskrankheiten“ (PAVK), also schmerzhaften Durchblutungsstörungen in den Beinen, auch Schaufensterkrankheit genannt. Weitere Anwendungsbereiche sind schlecht verheilende Wunden, chronische Bronchitis oder Polyarthritis. Die Kräutertablette wirkt zudem antientzündlich, stärkt das Immunsystem und fördert dank ihrer stark antioxidativen Wirkung den Zellschutz, d.h. das Präparat ist im Stande, die sogenannten freien Radikale zu neutralisieren. Diese sind bekannt dafür, Körperzellen zu zerstören und damit die Degeneration des Körpers zu fördern. Die beschriebenen Eigenschaften weisen auf ein beträchtliches Potential auch in der Krankheitsvorbeugung hin.
Klinisch nachgewiesen ist auch die Wirkung tibetischer Arzneimittel im Bereich Magen-Darmstörungen. Eine neuere Studie zeigt bemerkenswerte Ergebnisse des Präparats Padma Lax bei Verstopfung und Reizdarm. Die Resultate sind insbesondere bezüglich starker Blähungen jenen von konventionellen Medikamenten überlegen, verbunden mit einer ausgezeichneten Verträglichkeit.

Qualität tibetischer Heilmittel

Wie alle Arzneien müssen auch tibetische Heilmittel für die Anwendung im Westen dieselben hohen Qualitätsstandards erfüllen.

Qualitätskontrolle im Labor bei der Herstellung tibetischer Arzneimittel
Qualitätskontrolle im Labor bei der Herstellung tibetischer Arzneimittel

Dies ist auch unabdingbar für die Akzeptanz der Tibetischen Medizin in der westlichen Schulmedizin. Die Herstellung tibetischer Arzneien stellt deshalb hohe Anforderungen an Rohstoffqualität, Verarbeitung und Kontrolle der Naturpräparate.
Als europaweit einzige Herstellerin ist die Padma AG im schweizerischen Schwerzenbach auf die Produktion von pflanzlichen Heilmitteln auf der Grundlage tibetischer Rezepturen spezialisiert. Ihre Präparate erfüllen international gültige Qualitätsnormen und werden in verschiedenen Ländern Europas und in den USA und Kanada vertrieben.
Zusätzlich zu den schweizweit zugelassenen tibetischen Arzneimitteln sind im Kanton Appenzell Ausserrhoden eine Reihe weiterer Padma-Präparate erhältlich. Sie werden gegen Volksleiden eingesetzt wie Rheuma, Erkältungen, Grippe, Husten, Magen-Darm-Störungen, Leber- und Gallenbeschwerden, Venenleiden sowie Monatsbeschwerden, Nervenleiden, Allergien (u.a. Heuschnupfen) und Akne.
Weitere Informationen: www.padma.ch

Praxis der Tibetischen Medizin in Europa

Zur Zeit sind in Europa nur wenige tibetische Ärzte tätig. Es ist daher wichtig, dass bei uns im Westen mehr Kenntnisse über Tibetische Medizin erworben werden (siehe unten: Kurse). Neben der einwandfreien Qualität der tibetischen Arzneimittel ist allerdings noch eine Anpassung der gesetzlichen Rahmenbedingungen notwendig, damit Tibetische Medizin auch bei uns im Westen verstärkt Fuss fassen kann.

Service

Informationen zu tibetischen Ärzten im Westen geben folgende Institutionen:

Kurse in Tibetischer Medizin:

Links:

Bücher:

  • Dr. med. Egbert Asshauer: „Tibets sanfte Medizin – Heilkunst vom Dach der Welt„. Oesch Verlag Zürich, 2003, ISBN 3-0350-3013-8.
    Der Autor wandelte sich seit seiner ersten Begegnung mit der Tibetischen Medizin vom skeptischen Schulmediziner zum kritischen Befürworter. Sein Buch gibt einen gut verständlichen Überblick über Geschichte und Gegenwart der Tibetischen Medizin.
  • Franz Reichle (Hrsg.): „Das Wissen vom Heilen“, Oesch Verlag Zürich 2003, ISBN 3-0350-3010-3 Das Buch zum gleichnamigen Erfolgsfilm, neu überarbeitet, aktualisiert und mit zusätzlichen Kapiteln ergänzt, stellt Geschichte, Theorie und Praxis der Tibetischen Medizin verständlich und einfühlsam dar. Es wurde unter Mitarbeit Tibetischer Ärzte und westlicher Fachleute geschrieben.
  • Gabriele Feyerer: „Padma 28 – Harmonisierende Vitalstoffkombinationen aus der Tradition tibetischer Heilkunst“, Windpferd Verlag D-Aitrang 2002, ISBN 3-89385-362-6 Vierte, überarbeitete Auflage. Die unabhängige Journalistin und Kennerin der westlichen und östlichen Naturmedizin erklärt in gut verständlicher Form die Prinzipien der Tibetischen Medizin. Im Mittelpunkt steht das tibetische Arzneimittel Padma 28; es werden die neuesten Erkenntnisse, die erstaunlichen Wirkungen und Anwendungen beschrieben. Zudem werden weitere tibetische Arzneimittel vorgestellt.
  • Gerti Samel: „Tibetische Medizin. Diagnosemethoden und Therapien auf einen Blick“, Mosaik-Verlag München 1998, ISBN 3-576-11202-2 Die bekannte Publizistin für Gesundheit gibt einen interessanten Überblick über die Diagnosemethoden und Therapien in der Tibetischen Medizin.
  • Dr. med. Egbert Asshauer:„Gesund bleiben mit der Heilkunst der Tibeter“, Trias Stuttgart 1999, ISBN 3893734791 Der Schulmediziner beschreibt seine Erfahrungen mit der Tibetischen Medizin.
  • Gerti Samel: „Die sieben Tibeterinnen“, Rohwolt Taschenbuch Verlag 2003, ISBN 3-499-61397-2 Die deutsche Medizinjournalistin und Buchautorin macht die tibetische Typologie für Menschen aus dem Westen zugänglich. Das Buch entstand in Zusammenarbeit mit dem Tibetischen Arzt Dr. Namgyal Qusar aus Dharamsala, Indien, und zeigt jedem der sieben Typen Wege zur Harmonie.

Filme:

  • Franz Reichle: „Das Wissen vom Heilen“ Ein authentischer Dokumentarfilm über die Tibetische Medizin, der uns an verschiedenen Schauplätzen der Welt Wissenschaftler, Ärzte und Patienten zeigt, welche die Tibetische Medizin anwenden und erforschen. Spieldauer 90 Minuten. Erhältlich als DVD oder VHS-Video.
    Mehr dazu siehe Das Wissen vom Heilen
    DVD: Das Wissen vom Heilen, Warner Home Video 2003
    Sprachen: Original-Version, englisch, deutsch.
    Untertitel: deutsch, englisch, französisch, spanisch, italienisch, polnisch, litauisch.
    Die DVD enthält nebst dem Film zusätzliches aktuelles Film- und Informationsmaterial und ist im Handel erhältlich.
    Video: Das Wissen vom Heilen, T&C Film AG, Zürich, 1997. Im Handel oder über www.amazon.de erhältlich.

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